Inhaltsverzeichnis
Wie beeinflusst das Darmmikrobiom die Alzheimer-Krankheit?
Die Alzheimer-Krankheit ist eine Form der Demenz, eine Erkrankung, von der weltweit mehr als 55 Millionen Menschen betroffen sind, wobei die Zahl der Fälle bis 2050 voraussichtlich auf 139 Millionen ansteigen wird (1). Als häufigste Ursache für Demenz macht die Alzheimer-Krankheit zwischen 60 und 70 % dieser Fälle aus (2). Wie andere Formen der Demenz ist diese verheerende neurodegenerative Erkrankung durch Gedächtnisverlust, kognitiven Abbau, Sprachprobleme und Verhaltensänderungen gekennzeichnet.
Trotz jahrzehntelanger Forschung zu Alzheimer und Demenz gibt es derzeit keine Heilung, und medizinische Behandlungen können nur begrenzte Linderung bieten. Doch was, wenn der Schlüssel zur Verlangsamung oder sogar Vorbeugung von Alzheimer nicht nur im Gehirn, sondern im Darm liegt? Traditionell konzentrierte sich die Forschung auf die Auswirkungen genetischer Faktoren auf die Gehirnpathologie, doch jetzt richten Forscher ihre Aufmerksamkeit auf einen anderen Bereich – die Mikroben in unserem Verdauungssystem.
Wie beeinflusst das Darmmikrobiom die kognitive Gesundheit?
Unser Darmmikrobiom hat einen tiefgreifenden Einfluss auf viele Aspekte unserer Gesundheit, einschließlich unserer Gehirnfunktion. Die Mikroben in unserem Darm kommunizieren über ein komplexes System, die sogenannte Darm-Hirn-Achse, mit unserem Gehirn. Das bedeutet, dass Veränderungen in der Zusammensetzung unseres Darmmikrobioms unsere Stimmung, unser Verhalten und unsere kognitiven Funktionen beeinflussen können. Eine der wichtigsten Möglichkeiten, wie das Darmmikrobiom unsere kognitive Gesundheit beeinflusst, ist die Modulation unseres Immunsystems. Der Darm beherbergt 70 bis 80 % der Immunzellen unseres Körpers (3), und Ungleichgewichte in unserer Darmflora können zu chronischen Entzündungen führen. Diese Entzündungen können Neuroinflammationen im Gehirn auslösen, ein Faktor, der vermutlich zum kognitiven Abbau bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer beiträgt. (4)
Das Darmmikrobiom reguliert auch die Produktion, Bewegung und Funktion wichtiger Neurotransmitter im Gehirn, darunter Serotonin, Dopamin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) (5). Eine Dysbiose des Darms, also ein Ungleichgewicht der Darmbakterien, kann die Produktion dieser wichtigen Neurotransmitter stören.
Darüber hinaus haben das Darmmikrobiom und seine Metaboliten Auswirkungen auf die Integrität der Blut-Hirn-Schranke (BHS), die als selektive Barriere das Gehirn vor schädlichen Substanzen schützt. Wenn das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht gerät, kann die Durchlässigkeit der BHS zunehmen, was schädlichen Verbindungen den Eintritt ins Gehirn ermöglicht (6). Diese Verbindungen können Entzündungen und Schäden am Gehirngewebe fördern. Neuere Erkenntnisse deuten auch darauf hin, dass unsere Darmmikroben an der Produktion und Regulation von Amyloid-beta (Aβ) beteiligt sein könnten, einem Schlüsselprotein, das mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht wird (7). Die Ansammlung von Aβ-Proteinen im Gehirn bildet Amyloid-Plaques, eines der charakteristischen Merkmale von Alzheimer.
Schließlich produziert das Darmmikrobiom kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) wie Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure während der Fermentation von Ballaststoffen. SCFAs haben entzündungshemmende Eigenschaften und schützen das Gehirn vor neurodegenerativen Erkrankungen, indem sie entzündliche Pathways regulieren sowie die Bildung von Amyloid-Plaques und die Hyperphosphorylierung von Tau-Proteinen beeinflussen. (8)
Alzheimer und Darmdysbiose: Was sagt die Wissenschaft?
Mehrere Studien haben deutliche Unterschiede im Darmmikrobiom von Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen gezeigt. Diese Unterschiede betreffen oft eine verringerte mikrobielle Vielfalt im Darm sowie signifikante Veränderungen in der relativen Häufigkeit bestimmter Bakterienarten.
So zeigte beispielsweise eine Studie, dass Alzheimer-Patienten eine Darmmikrobiom-Population aufweisen, die sich von der geschlechts- und altersangepasster Kontrollpersonen unterscheidet. Es wurde eine deutliche Verringerung der mikrobiellen Vielfalt festgestellt, mit reduzierten Werten von Firmicutes und Bifidobacterium und einer entsprechenden Zunahme von Bacteroidetes (9). Eine andere Studie fand ebenfalls niedrigere Firmicutes-Werte und erhöhte Proteobacteria-Werte bei Alzheimer-Patienten (10).
Noch spezifischer identifizierte eine Studie eine signifikante Abnahme butyratproduzierender Bakterien wie Faecalibacterium bei Alzheimer-Patienten sowie eine deutliche Zunahme von laktatproduzierenden Bakterien, einschließlich Bifidobacterium (11). Da Butyrat eine Schlüsselrolle bei der Verringerung von Entzündungen und der Aufrechterhaltung der Darmbarriere-Integrität spielt, könnte sein Mangel zur systemischen Entzündung beitragen, die bei Alzheimer beobachtet wird.
Weitere Hinweise auf diesen entzündlichen Zusammenhang liefert eine Studie, die eine signifikante Zunahme proinflammatorischer Bakterien, darunter Escherichia und Shigella, sowie eine Abnahme der entzündungshemmenden Art Eubacterium rectale bei Personen mit kognitiver Beeinträchtigung und Amyloidose im Gehirn zeigt (12). Dies deutet darauf hin, dass eine Darmdysbiose einen chronischen Entzündungszustand auslösen könnte, der die Neurodegeneration verschlimmert.
Wichtig ist, dass eine Darmdysbiose nicht erst im späten Stadium von Alzheimer auftritt – sie zeigt sich bereits früh im Krankheitsverlauf und verschlimmert sich mit der Zeit. Studien deuten darauf hin, dass neu diagnostizierte Alzheimer-Patienten bereits Ungleichgewichte im Darmmikrobiom aufweisen, einschließlich einer Abnahme potenziell schützender Bakterien wie Bacteroides und einer Zunahme entzündungsfördernder Arten wie Prevotella (13).
Bemerkenswert ist, dass eine weitere Studie zeigte, dass sich die Zusammensetzung des Darmmikrobioms mit zunehmendem Schweregrad der Alzheimer-Krankheit progressiv verändert. Mit zunehmender kognitiver Beeinträchtigung nahm die Häufigkeit von Firmicutes und Bacteroides im Darm allmählich ab, während die Werte von Proteobacteria, Verrucomicrobia und Actinobacteria anstiegen (14). Diese Verschiebungen zeigen ein klares mikrobielles Profil, das mit dem Fortschreiten der Krankheit verbunden ist, und unterstreichen die potenzielle Rolle der Darmdysbiose bei der Förderung der Neurodegeneration.
Zusammenfassend deuten diese Erkenntnisse darauf hin, dass Ungleichgewichte im Darmmikrobiom nicht nur bei Alzheimer vorhanden sind – sie treten früh auf und entwickeln sich mit dem Fortschreiten der Krankheit. Dies wirft eine wichtige Frage auf: Könnte die gezielte Beeinflussung des Darmmikrobioms helfen, den kognitiven Abbau zu verlangsamen oder sogar zu verhindern?
Kann die Wiederherstellung des Darmmikrobioms das Gehirn schützen?
Ernährungsbedingte Veränderungen können unser Darmmikrobiom und damit auch unsere Gehirngesundheit erheblich beeinflussen. In den letzten Jahren hat eine wachsende Zahl von Forschungsergebnissen die Idee unterstützt, dass die gezielte Beeinflussung unseres Darmmikrobioms durch fundierte Ernährungs- und Lebensstiländerungen vielversprechendes Potenzial bietet, um unser Gehirn vor neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz zu schützen.
Ein Übersichtsartikel aus dem Jahr 2023 unterstreicht das vielversprechende Potenzial von Therapien, die auf das Darmmikrobiom abzielen, um die Ergebnisse für Alzheimer-Patienten zu verbessern. Die überprüften Ergebnisse zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Darmgesundheit und dem Fortschreiten von Alzheimer und legen nahe, dass die Wiederherstellung eines gesunden Darmmikrobioms die Symptome lindern und die Krankheitsentwicklung verlangsamen könnte. Verschiedene Interventionen, darunter Probiotika, Präbiotika und Synbiotika, werden als potenzielle therapeutische Strategien untersucht, mit ermutigenden Daten aus frühen präklinischen und einigen klinischen Studien. (15)
Um jedoch die Wirksamkeit mikrobiomzielender Therapien zu maximieren, ist ein personalisierter Ansatz entscheidend. Das Mikrobiom jedes Menschen ist einzigartig, was bedeutet, dass maßgeschneiderte Interventionen, die auf das spezifische Darmprofil einer Person abgestimmt sind, die besten Ergebnisse liefern. So können beispielsweise verschiedene Probiotika-Stämme unterschiedliche Auswirkungen auf die kognitive Funktion haben. Dies zeigte eine Studie aus dem Jahr 2022, in der 90 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Erkrankung über 12 Wochen hinweg zweimal täglich entweder Lactobacillus rhamnosus oder Bifidobacterium longum oder ein Placebo erhielten (16). Die Teilnehmer, die das B. longum-Probiotikum einnahmen, zeigten eine stärkere Verbesserung der Kognition im Vergleich zur Placebo- und der L. rhamnosus-Gruppe. Dies unterstreicht die Bedeutung einer Mikrobiom-Analyse, da sie Aufschluss über fehlende oder übermäßig vorhandene Bakterien geben kann, was gezielte und wahrscheinlich wirksamere Interventionen ermöglicht.
Der wissenschaftlich fundierte Ansatz von Enbiosis für die Gehirngesundheit
Bei Enbiosis bieten wir einen modernen, KI-gestützten Darmmikrobiom-Testdienst, der dabei hilft, Ungleichgewichte aufzudecken, die Ihre Gehirngesundheit beeinträchtigen könnten. Wir liefern Erkenntnisse über Ihre Darmgesundheit sowie personalisierte Ernährungsempfehlungen und Vorschläge für Präbiotika und Probiotika, die auf der neuesten wissenschaftlichen Forschung basieren. Kontaktieren Sie uns noch heute, um mehr über unseren Ansatz zu erfahren und herauszufinden, wie wir Sie mit unseren evidenzbasierten Lösungen unterstützen können.
Mehr erfahrenReferenzen
1 Weltgesundheitsorganisation. (2021). Global status report on the public health response to dementia. Weltgesundheitsorganisation. https://digitalcommons.fiu.edu/srhreports/health/health/65/
2 Weltgesundheitsorganisation. (2023). Dementia. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/dementia
3 Wiertsema, S. P., Garssen, J., & J Knippels, L. M. (2021). The Interplay between the Gut Microbiome and the Immune System in the Context of Infectious Diseases throughout Life and the Role of Nutrition in Optimizing Treatment Strategies. Nutrients, 13(3), 886.
4 Heneka, M. T., M., W., Jessen, F., Hoozemanns, J., Thal, D. R., Boche, D., Brosseron, F., Teunissen, C., Zetterberg, H., Jacobs, A. H., Edison, P., Ramirez, A., Cruchaga, C., Lambert, J., Laza, A. R., Vicente, J., Fischer, A., Stein, T. D., Kleineidam, L., Riechers, S et al. (2024). Neuroinflammation in Alzheimer disease. Nature Reviews Immunology, 1-32.
5 Chen, Y., Xu, J., & Chen, Y. (2021). Regulation of Neurotransmitters by the Gut Microbiota and Effects on Cognition in Neurological Disorders. Nutrients, 13.
6 Xie, J., Bruggeman, A., De Nolf, C., Vandendriessche, C., Van Imschoot, G., Van Wonterghem, E., Vereecke, L., & Vandenbroucke, R. E. (2023). Gut microbiota regulates blood‐cerebrospinal fluid barrier function and Aβ pathology. EMBO Journal, 42(17), e111515.
6 Jin, J., Xu, Z., Zhang, L., Zhang, C., Zhao, X., Mao, Y., Zhang, H., Liang, X., Wu, J., Yang, Y., & Zhang, J. (2023). Gut-derived β-amyloid: Likely a centerpiece of the gut–brain axis contributing to Alzheimer’s pathogenesis. Gut Microbes, 15(1), 2167172
7 Qian, X. H., Xie, R. Y., Liu, X. L., Chen, S. D., & Tang, H. D. (2022). Mechanisms of Short-Chain Fatty Acids Derived from Gut Microbiota in Alzheimer’s Disease. Aging and Disease, 13(4), 1252–1266.
8 Vogt, N. M., Kerby, R. L., Dill-McFarland, K. A., Harding, S. J., Merluzzi, A. P., Johnson, S. C., Carlsson, C. M., Asthana, S., Zetterberg, H., Blennow, K., Bendlin, B. B., & Rey, F. E. (2017). Gut microbiome alterations in Alzheimer’s disease. Scientific Reports, 7, 13537.
9 Liu, P., Wu, L., Peng, G., Han, Y., Tang, R., Ge, J., Zhang, L., Jia, L., Yue, S., Zhou, K., Li, L., Luo, B., & Wang, B. (2019). Altered microbiomes distinguish Alzheimer’s disease from amnestic mild cognitive impairment and health in a Chinese cohort. Brain, Behavior, and Immunity, 80, 633-643.
10 Ling, Z., Zhu, M., Yan, X., Cheng, Y., Shao, L., Liu, X., Jiang, R., & Wu, S. (2021). Structural and Functional Dysbiosis of Fecal Microbiota in Chinese Patients With Alzheimer’s Disease. Frontiers in Cell and Developmental Biology, 8, 634069.
11 Cattaneo, A., Cattane, N., Galluzzi, S., Provasi, S., Lopizzo, N., Festari, C., Ferrari, C., Guerra, U. P., Paghera, B., Muscio, C., Bianchetti, A., Volta, G. D., Turla, M., Cotelli, M. S., Gennuso, M., Prelle, A., Zanetti, O., Lussignoli, G., Mirabile, D., Bellandi, D., et al. (2017). Association of brain amyloidosis with pro-inflammatory gut bacterial taxa and peripheral inflammation markers in cognitively impaired elderly. Neurobiology of Aging, 49, 60–68.
12 Guo, M., Peng, J., Huang, X., Xiao, L., Huang, F., & Zuo, Z. (2021). Gut Microbiome Features of Chinese Patients Newly Diagnosed with Alzheimer’s Disease or Mild Cognitive Impairment. Journal of Alzheimer’s disease : JAD, 80(1), 299–310.
13 Chen, L., Xu, X., Wu, X., Cao, H., Li, X., Hou, Z., Wang, B., Liu, J., Ji, X., Zhang, P., & Li, H. (2022). A comparison of the composition and functions of the oral and gut microbiotas in Alzheimer’s patients. Frontiers in Cellular and Infection Microbiology, 12, 942460.
14 Zhang, T., Gao, G., Kwok, L. Y., & Sun, Z. (2023). Gut microbiome-targeted therapies for Alzheimer’s disease. Gut microbes, 15(2), 2271613.
15 Akhgarjand, C., Vahabi, Z., Etesam, F., & Djafarian, K. (2022). Effects of probiotic supplements on cognition, anxiety, and physical activity in subjects with mild and moderate Alzheimer’s disease: A randomized, double-blind, and placebo-controlled study. Frontiers in Aging Neuroscience, 14, 1032494.